Literarisches
Eduard Mörike auf Schwäbisch

„Uf em Kirchhof am Chor …“ (aus dem „Stuttgarter Hutzelmännlein“) ist eines der weniger bekannten Gedichte von Eduard Mörike in schwäbischer Mundart.
Der norddeutsche Kollege Theodor Storm hörte dem Dichter „besonders beim Mittagstische (…) in behaglicher Weise sich in der Sprache seiner schwäbischen Heimat ergehen“. Und als Storm ihn auf den Dialektgebrauch hinwies, legte Mörike ihm „zutraulich die Hand auf meinen Arm und sagte lächelnd: ‚Wisse’ se was? Ich möchts doch net misse’.“

Und deshalb sei hier eines der wenigen veröffentlichten Gedichte von Eduard Mörike in schwäbischer Mundart präsentiert:


Zwei Kameraden

„Wo na, Franz, so spät no?
Tua g’mach, i gang mit.“ –
„I gang zu meim Mädle,
Wann’s jo wissa wit.“ –

„Wie hoißt denn dei Mädle?
Wo wohnt denn dei Schatz?“ –
„No bährig do hinta,
I woiß der da Platz:

Bei’r Kirch stoht a Gasthof,
Der hot a schwarz Tor,
Hat hübsche grüne Läda
Und Kreuzle dervor

Und Bluma die Menge,
Z’mol Rosmari:
Je länger, je liaber
Im Gasthof i bi.“ –

„Wie schreibt se dia Herberg’,
Ihr Zeicha, ihr Schild?“ –
„Se führer an güldena
Engel im Bild.“ –

„Des isch mer amol doch
A wunderlich Haus“ –
„Sei Läda sind g’schlossa
Und niama schaut raus.

Hot jedes sei Stüble,
Sein sondera Ort,
Und keins mit dem andera
Red’t nu a Wort.“ –

„Wie kleid’t se dei Schätzle?“ –
„’s linnaweiß G’wand
Und a silberes Ringle
Von mir an der Hand.“ –

„Und b’suecht de dei Schätzle?“ –
„So oft es nur ka;
’s kommt alle Nacht zu mer,
Doch rüehrt’s me net a.“ –

„Des isch mer a Liabe,
Des isch mer a Treu!
Wann wär’ derno d’Hochzig?
Es graust eim darbei.“ –

„I nem da Kalender
Wohl hundertmol für,
Mach all Tag’ en Strich
Mit der Kreid’ an mei Tür.

Und d’ Nacht vor der Hochzig
Do küßt me mein Schatz,
Se zeigt mer ihr Bettle
Und machet mer Platz.

Gar still isch mei Hochzig,
Mer halta kei Tanz,
Aber d u gehst zer Kirch’ mit
Da flichscht mer da Kranz.“


Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann in dem Buch „Schwäbisch“ (1936) von Sebastian Blau noch ein ebenso dialogisch angelegtes Mörike-Gedicht im Dialekt finden. „Der Schäfer und sein Mädchen“ mit den ersten Versen: „Sie: Mir ist mei’ Herz so schwer, / des treibt mi zua dr her. – Er: Mädle, gang waidle heim! / D Nacht ist so kalt …“
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